Rudolf Friemel

(Wien 1907 – Auschwitz 1944): Einer der Widerstandskämpfer

„Ich sterbe aufrecht und für meine Ideale“

Der Weg von Rudolf Friemel nach Auschwitz hatte eine lange Vorgeschichte, die in Wien mit seinem Engagement für die sozialdemokratische Arbeiterbewegung, mit dem Republikanischen Schutzbund und der Haft im Zuchthaus Stein 1934 bis 1936 begann. In der sich politisch verschärfenden Situation, als das demokratische Prinzip zwischen Faschismus und Kommunismus in vielen Staaten Europas aufgerieben wurde, schloss er sich 1936 wie viele andere der kommunistischen Bewegung und in Spanien den Internationalen Brigaden an. 1939 floh er nach Frankreich, wo er interniert wurde und als Bergarbeiter arbeitete. In Spanien hatte er sich in Margarita Ferrer Rey verliebt, ihr Sohn Edouard kam am 26. April 1941 in Albi zur Welt. Als sich Friemel repatriieren lassen wollte, geriet er in die Falle: Er wurde ins KZ Auschwitz überstellt, wo er als Mechaniker für die Fahrbereitschaft der SS arbeitete. In Auschwitz gehörte er der österreichischen Widerstandsgruppe an, die eine wichtige Rolle für die international zusammengesetzte „Kampfgruppe Auschwitz“ einnahm. Wegen seiner Französischkenntnisse war Friemel ein wichtiger Vermittler hin zur französischen Widerstandsgruppe. Seine in Spanien geschlossene Zivilehe galt den deutschen Behörden als ungültig, weswegen er und seine Frau alles dafür taten, nochmals heiraten zu können. Wie durch ein Wunder wurde das Ansuchen genehmigt, und sein Vater, seine Frau Margarita und ihr gemeinsamer Sohn durften nach Auschwitz kommen, wo am 18. März 1944 die Hochzeit stattfand. Sie trafen sich im Standesamt des KZ Auschwitz, wo ansonsten nur Todesbescheinigungen ausgestellt wurden. Der Häftling hatte einen Haarschnitt und Zivilkleidung erhalten, der Fotograf des Erkennungsdienstes, der Häftling Wilhelm Brasse, fotografierte das Paar, dem für die Hochzeitsnacht ein Zimmer im Lagerbordell freigemacht wurde. Es war eine bizarr inszenierte Camouflage an diesem Ort des Mordens und Sterbens.

Die Widerstandsgruppe plante eine Flucht von Häftlingen, um mit Partisanengruppen bei der erhofften Liquidierung des KZ zusammenarbeiten zu können. Der Fluchtversuch erfolgte Ende Oktober 1944, doch einer der in den Plan eingeweihten SS-Männer, der aus Rumänien stammende volksdeutsche SS-Rottenführer Johann Roth, verriet das Vorhaben. Die entdeckten Häftlinge nahmen sofort Gift. Ihnen wurde der Magen ausgepumpt, zwei überlebten nicht, die drei anderen, unter ihnen der Wiener Ernst Burger, schon. Abgesehen von ihnen wurden Rudolf Friemel und sein Wiener Mitstreiter bei der SS-Fahrbereitschaft, Vickerl (Ludwig) Vesely, inhaftiert und gefoltert. Die beiden hatten sich darum bemüht, dass zwei SS-Männer bei der Flucht halfen. Aus der Haft schrieb Friemel am 20. November 1944 an seine Frau: „Ich habe meine Aufgabe erfüllt. Ich sterbe aufrecht und für meine Ideale. Es ist nur schmerzhaft, schon das Ende des menschlichen Leidensweges zu sehen, ohne noch helfen zu können, ohne am Aufbau einer neuen Welt mitzuarbeiten, ohne mit Euch den Ertrag so großer Opfer genießen zu können.“

Am 30. Dezember 1944 wurden am Appellplatz des Stammlagers die zwei polnischen und die drei österreichischen Häftlinge in Anwesenheit der Internierten gehängt. Bis zuletzt riefen die Totgeweihten trotz brutaler Misshandlungen Parolen für ein unabhängiges Österreich, für die polnische Freiheit, gegen den Faschismus. Im Buch von Ernst Hackl über „Die Hochzeit von Auschwitz“ werden Aussagen zitiert, die diesen Moment beschreiben: „Es war ein Gefühl der Demütigung, der Scham und der Ohnmacht: Du kannst nichts tun.“ Nach der Hinrichtung nahmen die Häftlinge als Ehrerbietung ihre Mützen ab.

Literatur

Erich Hackl, Die Hochzeit von Auschwitz. Eine Begebenheit, Zürich 2002.

Albert Lichtblau, Barbara Staudinger, Hannes Sulzenbacher, Hochzeit und Hinrichtung in Auschwitz. Der Nachlass des Widerstandskämpfers Rudolf Friemel (1907–1944), Wien 2021.