Maria Moser

(Braunau 1906 – Braunau 1973): Als Zeugin Jehovas in Auschwitz

Widerständigkeit durch ungebrochene Glaubenskraft

Die Kennzeichnung der Zeugen Jehovas in den Konzentrationslagern war ein lila Winkel, den auch Maria Moser tragen musste. Sie wuchs in Braunau auf und heiratete 1927 Alois Moser, einen Postbeamten in Salzburg. Beide traten aus der römisch-katholischen Kirche aus und engagierten sich für die Zeugen Jehovas. Damit waren sie schon zur Zeit des Austrofaschismus exponiert, denn diese Religionsgemeinschaft wurde bereits 1935/36 verboten. Die Verfolgungen nach der NS-Machtübernahme waren jedoch unvergleichlich brutaler. Dem Terror-Regime widerstrebte die Widerständigkeit der Gläubigen, die sich weigerten, die ihnen widerstrebenden Befehle des Regimes zu befolgen, etwa den Hitlergruß zu verwenden, für die militärische Produktion zu arbeiten oder den Wehr- und Kriegsdienst zu leisten – darauf stand die Todesstrafe. Hinzu kamen die illegalen Zusammenkünfte und das nicht erlaubte Verteilen religiöser Schriften. Die Mosers gerieten in die nationalsozialistische Verfolgungsmaschinerie. Ein Gestapo-Spitzel verriet eine Abendmahlfeier, weswegen bei einer Großrazzia am 4. April 1939 in ganz Oberösterreich Zeugen Jehovas verhaftet und im Polizeigefängnis Linz inhaftiert werden konnten. Marias Mann Alois Moser wurde schon im April 1939 in das KZ Dachau gebracht, Maria Moser kam am 19. Juni 1939 im KZ Ravensbrück an. Dort wurden die Zeuginnen Jehovas aufgefordert, ihrem Glauben abschwören, um freizukommen. Doch die ca. 400 Gläubigen blieben standhaft; auch später weigerten sie sich, für Rüstungszwecke zu arbeiten. Im Juli 1942 wurde Maria Moser mit anderen Zeuginnen Jehovas nach Auschwitz gebracht. In ihrem schon 1946 zu Papier gebrachten Bericht schrieb sie: „Der Anblick des neuen Lagers war entsetzlich. Unsauberkeit herrschte überall. Des Nachts konnten wir nichts schlafen vor lauter Flöhen, und am Morgen war unser ganzer Körper zerstochen. Bei unserem ersten Anblick dieses Lagers wussten wir, was hier los war.“ Den jüdischen Frauen habe weder Bitten und Weinen noch ihre Bereitschaft zu arbeiten geholfen – sie wurden ermordet. Sie, so Maria Moser, sei kreidebleich gewesen: „Mein erster Gedanke war, dass uns aus dieser Lage die Hand Jehovas herausführen musste, da ein anderes Herauskommen unmöglich gewesen wäre.“ Von den 550 Mitgliedern der Zeugen Jehovas in Österreich kamen 145 ums Leben, 42 von 51 Todesurteilen wegen Wehrdienstverweigerung wurden vollzogen.

In ihren Erinnerungen beschreibt Maria Moser, dass die Zeuginnen Jehovas auch in SS-Familien arbeiteten und selbst bei den Kommandanten gefragt waren, da diese wussten, dass die Frauen nicht ausreißen würden. Sie galten als zuverlässig und widersprachen nicht, solange sie nicht mit ihrem Glauben in Konflikt gerieten. Aber genau das Festhalten an dem Glauben, der sie ins KZ gebracht hatte, sei ein „…Dorn im Auge“ der Peiniger geblieben, sie machten ihn lächerlich. Der Glaube verlieh Kraft trotz der Unterlegenheit, so Maria Moser: „Gleich wie Daniel in der Löwengrube vor den reißenden Tieren verschont blieb, so durften auch wir den Schutz Jehovas verspüren. Wir waren tagtäglich den Launen dieser Menschen ausgesetzt.“

Maria Moser arbeitete zunächst in der Waschküche des Stabsgebäudes und wurde später Blockälteste. „Den Häftlingen tat es wohl, da es weder Strafmeldungen noch Schläge gab“, schrieb sie. Da sie zu wenig autoritär gewesen war, wurde sie wieder abgesetzt; danach arbeitete sie als Haushälterin bei einem Obersturmführer. Als sie an Flecktyphus erkrankte, schwebte sie in Lebensgefahr. Danach arbeitete sie in einem Lebensmittelgeschäft. Eine andere Internierte denunzierte sie, Gemüse gestohlen zu haben, woraufhin sie ihre Arbeit verlor und zur Strafe 14 Tage Bunkerhaft verbüßen musste. Danach arbeitete sie für einen Hauptsturmführer namens Schemmel.

Im Jänner 1945 begann eine Odyssee über die KZ Groß-Rosen, Mauthausen, Bergen-Belsen und Mittelbau-Dora. Auf dem Weg nach Neuengamme verschwand die Wachmannschaft. Sie kam erst Ende September 1945 nach Hause und sah ihren Mann, der ebenfalls mehrere KZ überlebt hatte, nach sechs Jahren wieder. Sie lebten bis zu Maria Mosers Tod in Braunau. Das Dokumentieren der Verfolgungsgeschichte der Zeugen Jehovas war ihr ein wichtiges Anliegen.

Literatur

Franz Aigner, Die Verfolgung der Zeugen Jehovas in Österreich 1938–1945. In: Rudolf Steininger (Hrsg.), Vergessene Opfer des Nationalsozialismus, Innsbruck-Wien-München 2000, S. 9–21.

Teresa Wontor-Cichy, Für den Glauben in Haft. Zeugen Jehovas im KL Auschwitz. Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau, Oswiecim 2006.