Maria Mandl

(Münzkirchen 1912 – Krakau 1948): SS-Oberaufseherin

Mit ganzer Brutalität …

Der Weg von Maria Mandl schien keineswegs vorgezeichnet. Sie wurde als viertes Kind in Münzkirchen (Bezirk Schärding) geboren, ihr Vater war Schuhmachermeister. Nach der Schule arbeitete sie als Haushaltshilfe in der Schweiz und in Innsbruck und begann 1937 im Postamt in Münzkirchen. Später wird sie behaupten, dass sie nach dem „Anschluss“ diesen Posten verloren habe, weil sie keine Nationalsozialistin gewesen sei. Insgesamt ist vieles im Unklaren, so auch, wie sie zu ihrer Arbeit in den Konzentrationslagern kam und was sie dazu bewog. Eine ihrer Begründungen lautete, dass ein Onkel dort gearbeitet habe und sie besser verdienen konnte. Schon im Oktober 1938 begann sie, im Frauen-KZ Lichtenburg zu arbeiten. Dieses KZ wurde aufgelöst und die Insassinnen und Wärterinnen im Frühjahr 1939 in das Frauen-KZ Ravensbrück verlegt. Mit ihrer Tätigkeit als Aufseherin im Lagergefängnis dürfte eine Brutalisierung einhergegangen sein. Im Frühjahr 1942 beschloss die SS-Führung, auch in Auschwitz ein Frauen-KZ zu errichten, das sich zunächst im Stammlager befand und im Sommer 1942 nach Birkenau verlagert wurde. Maria Mandl rückte in dieser Zeit zur SS-Oberaufseherin im KZ Ravensbrück auf. Ab Oktober 1942 übernahm sie diese Funktion – als SS-Oberaufseherin hatte sie die für eine Aufseherin ranghöchste Position erlangt – im Frauenlager Birkenau (Abschnitt B Ia, ab 1943 auch B Ib). Die meisten der dort inhaftierten Frauen mussten Zwangsarbeit leisten. Wie im restlichen Lager waren die Zustände furchtbar: Überfüllung, mangelnde Ernährung und Kleidung und unvorstellbare hygienische Verhältnisse führten zu Erschöpfung und Krankheiten. Wer zu schwach war, der drohte die Ermordung.

Die Persönlichkeit von Maria Mandl war zwiespältig. Einerseits konnte sie im Einzelfall durchaus helfen, andererseits befahl sie „zu schlagen und prügelte selbst“, so der Chronist und Auschwitz-Überlebende Hermann Langbein. Eine von ihr unterzeichnete Liste belegt, dass Mandl selbst bei Selektionen aktiv teilnahm und bestimmte, wer nicht mehr als „arbeitsfähig“ galt. In der menschenverachtenden Realität von Auschwitz gehörte es zum Alltag, dass die Lagerführung entschied, sich der Arbeitsunfähigen, Schwachen und Krankgewordenen zu entledigen, was bedeutete, sie zu ermorden. Langbein beschrieb ein Gespräch zwischen Maria Mandl und dem Lagerarzt des Frauenlagers Dr. Kitt, in dem sie bemängelte, dass schon lange nicht selektioniert worden und wegen der Überbelegung im Frauenlager kaum Ordnung zu halten sei.

Im November 1944 wechselte Mandl nach Mühldorf, ein Außenlager des KZ Dachau. Im August 1945 wurde sie in Bayern verhaftet, im September 1945 nach Polen ausgeliefert. In ihren nach Kriegsende verfassten Rechtfertigungsschriften, die sie während der Haft schrieb, wollte sie ihr Handeln damit begründen, dass es ihr als Oberaufseherin ein Anliegen gewesen sei, Ordnung und Disziplin zu schaffen. In ihrem Selbstverständnis behauptete sie sogar, dass sie den Inhaftierten damit habe helfen wollen.

Im Krakauer Auschwitz-Prozess wurde sie zum Tod verurteilt, das Urteil wurde am 24. Jänner 1948 vollstreckt. In der österreichischen Presse wurde davon kaum Notiz genommen.

Literatur

Magdalena Frühmann, Österreicherinnen im Gefolge der SS. Karrieren dreier SS-Aufseherinnen in nationalsozialistischen Konzentrationslagern. Diplomarbeit, Wien 2008.

Akten des Krakauer Auschwitz-Prozesses mit den Verfahren gegen Maria Mandl: Instytut Pamięci Narodowej (Krakau).

Pechmarie. Das Leben der Maria Mandl, 2014 (Film von Christian Strasser)